Canterbury liegt an der Straße von der Küste nach London. Wer oder was auch immer in die Hauptstadt gelangen wollte, machten demnach dort Halt. Seit der Christianisierung war hier außerdem der Sitz des Erzbischofs. Darüber hinaus wurde Canterbury als letzte Ruhestätte von Thomas Becket ab 1170 ein bedeutender Wallfahrtsort. Mit der Einführung des Anglikanismus verlor die Stadt die Pilger als wichtigste Einkommensquelle. Der wirtschaftliche Aufschwung kam erst mit den Religionskriegen auf dem Kontinent wieder, da sich viele geflüchtete Calvinisten, die meist Handwerker waren, niederließen. So brachten die Hugenotten die Seidenweberei nach Canterbury. In den 1560er Jahren gab es in der Stadt etwa 900 Haushalte mit 3.000 bis 4.000 Einwohnern.1
Marlowes Familie lebte in der Gemeinde von St. George auf. Sie zählte ca. 208 Kommunikanten, die zwischen dem Viehmarkt und dem Schlachthof wohnten. Eine Gegend, welche selbst für damalige Verhältnisse eine akustische und olfaktorische Zumutung war. Seit 1575 reichte eine Grenze auch noch an den Ort, an dem die Galgen der Stadt standen (Oaten Hill; Iron Bar Lane, Rose Lane). Außerdem kam den Kirchenglocken von St. George die besondere Aufgabe zu, jeden Morgen um vier Uhr die Bürger zu wecken.2
Im Juni 1942 fielen etliche alte Häuser – eines davon könnte Marlowes Geburtshaus gewesen sein – in der Umgebung von St. George, sowie die Kirche selbst einem Luftangriff zum Opfer. Übrig blieb lediglich die Ruine des Kirchturms.