Die John Rylands Library in Manchester besitzt ein Portrait, das sowohl Christopher Marlowe als auch William Shakespeare zeigen soll.
Anonym: Junger Mann. 1588. John Rylands Library. Manchester CC0
Das Grafton-Portrait ist in Öl auf einem Eichenpaneel in der Größe 44,5 x 38,5 cm (17,25 x 15,5 Zoll) gemalt. In der linken oberen Ecke befindet sich die Inschrift "AE SVAE [aetatis suae] 24" in der rechten Ecke steht die Zahlenfolge "1∙5∙8∙8". Untersuchungen bestätigen, dass das Werk aus der elisabethanischen Epoche stammt und in England angefertigt worden ist.1
Im Gegensatz zum Cambridge-Portrait ist die Herkunft dieses Gemäldes recht gut dokumentiert. Vermutlich hing es in Grafton House, das 1643 während des englischen Bürgerkriegs zerstört worden war. Andrew Smith, einer der Pächter in Grafton Regis (Northamptonshire), brachte es in seinen Besitz und vererbte es innerhalb der Familie weiter, bis es an eine Ms. Ludgate kam, die es an Thomas Kay verkaufte, der es 1914 der John Rylands Library in Manchester vermachte. Die bereits 1907 im Manchester Guardian geäußerte Vermutung, es handle sich um ein Bild Shakespeares, das zu dessen Lebzeiten angefertigt worden sei,2 tritt auch in der neueren Shakespeare-Literatur wieder in Erscheinung.3
Die John Rylands Library behauptet nicht, dass der Mann auf dem Gemälde William Shakespeare oder Christopher Marlowe ist. Professionelle Portraitmaler sollen unabhängig von einander zu dem Schluss gekommen sein, dass das Cambridge-Portrait und das Grafton-Portrait ein und dieselbe Person zeigt, die von zwei unterschiedlichen Künstlern in eine jeweils unterschiedlichen Stilrichtung gemalt worden ist.4 Hier liegt nicht nur die Kunst, sondern auch die Ähnlichkeit vermutlich im Auge des Betrachters.
