University Wits

Christopher Marlowe wird zu den sogenannten "university wits" gezählt. Der Ausdruck lässt sich schwer übersetzen. Das englische "wits" bedeutet "Geist" im Sinne von "Intellekt", "Esprit" oder "Scharfsinn". "Universitätsgeister" klingt allerdings nach einer schlechten Spukgeschichte. Abgesehen von der Übersetzung ist der Begriff ohnehin problematisch. George Edward Bateman Saintsbury verwendete ihn erstmals 1887 in seiner History of Elizabethan Literature1 für eine Gruppe von elisabethanischen Autoren, die einen Universitätsabschluss hatten. Dazu zählten neben Marlowe, Thomas Nashe, Robert Greene, George Peele, John Lyly, Thomas Lodge und Thomas Kyd. Ihnen gegenüber standen Praktiker wie Henry Chettle, Anthony Munday und William Shakespeare, der als Einziger dieser Amateure den University Wits nicht nur das Wasser reichen, sondern letztlich deren Bemühungen für das englische Theater perfektionieren konnte.

Die Zusammenstellung der University Wits ist willkürlich. Nicht einmal ein Universitätsdiplom haben all diese Männer gemeinsam. Kyd besuchte ziemlich sicher keine Universität. Gabriel Harvey hingegen schon, war jedoch ein Gegner dieser Gruppe. Einer der heftigsten literarischen Dispute tobte ausgerechnet zwischen ihm und Thomas Nashe. Die hier genannten Autoren bedient mit unterschiedlichem Erfolg unterschiedliche Genres. Greene war überall zu Hause, Nashe war eher Pamphletist denn Dramatiker, Lyly war bekannt für seine Romanzen, verfasste aber auch Komödien, Marlowe war weithin berühmt für seine Lyrik und nicht für seine Tragödien, Thomas Lodge schrieb neben Romanzen und Pamphleten auch wissenschaftliche Abhandlungen und George Peele versuchte sich ebenfalls erfolgreich in mehreren literarische Gattungen.

Als Belege für den Konflikt zwischen den beiden Gruppen gelten etliche Pamphlete. Wie bereits erwähnt, existierten solche Streitigkeiten ungeachtet einer eventuellen Zugehörigkeit oder eines akademischen Grades. Weiters waren nicht alle Schreiber so eindeutig wie Nashe und Harvey. Oft haben wir heute bestenfalls eine Vermutung, auf wen die Attacke abzielte. Fraglich bleibt, ob es damals wirklich eine Erneuerungsbewegung des Theaters inklusive Richtungsstreits gab. Die Quellenlage über Dramen außerhalb des Hofs ist für die Zeit vor dem Ende der 1580er Jahre einfach zu dünn,2 um darüber eine gesicherte Auskunft geben zu können.

Die elitären University Wits mit ihrem posthum kreierte Autorenkrieg wirken wie die wissenschaftliche Formulierung einiger Aspekte der Roman-und Dramenliteratur der Romantik über Shakespeare und seine Zeit.


Saintsbury, George. 1887. A History of Elizabethan Literature. London: Macmillan.

  1. Saintsbury (1887)↩︎
  2. Erne (2005)↩︎

Aktualisiert am 16.03.2023

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