Philip Henslowe (* ca. 1550; † 16. Jänner 1616) wurde in Lindfield, West-Sussex, geboren. 1570 kam er nach London, wo er die verwitwete Agnes Woodward heiratete. Ab 1577 lebte er in Southwark. Sieben Jahre später kaufte er das dortige Anwesen The Little Rose und errichtete darauf das Rose Theatre. Es wurde 1591 zur bevorzugten Spielstätte der Admiral’s Men. Im Jahr darauf heiratete Henslowes Stieftochter Edward Alleyn, der führenden Schauspieler der Truppe. Bis zu Henslowes Tod waren er und Alleyn auch geschäftlich verbunden. Henslowe war in die unterschiedlichsten Geschäftsbereiche involviert: Holzhandel, Geldverleih, Vermietung, Färberei, etc. Einen Großteil seiner wirtschaftlichen Aktivitäten notierte er im sogenannten Henslowe Diary, wodurch der Nachwelt ein einzigartiger Einblick in den elisabethanischen Theaterbetrieb gewährt wird. Doch gerade die Wissenschaftler späterer Jahrhunderte erweisen sich gegenüber Henslowe nicht gerade dankbar dafür. Seine freie Handhabung der Orthografie – die übrigens nicht schlechter oder besser war als die seiner schreibenden Zeitgenossen – und des Datums galt lange Zeit als Beweis für seine mangelhafte Bildung. Darüber hinaus wurde aus dem Unikum, das seine Aufzeichnungen darstellen, geschlossen, dass nur er eine Theatergruppe in dieser Art und Weise führte.
"I quite agree with Fleay that Henslowe’s methods were not those best adapted to the free development of the dramatic energies of the company, being such as were forced upon them by their want of capital, […]"1
De facto wiesen die Chamberlain’s Men und die Admiral’s Men eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf, was die Struktur und Finanzgebarung der Truppe betrifft. Tatsache jedoch bleibt, dass, falls Richard Burbage oder jemand anderer von den Chamberlain’s Men ähnliche Aufzeichnungen wie Henslowe gemacht hat, diese bis jetzt nicht aufgetaucht sind. Dennoch wäre es völlig unlogisch anzunehmen, Burbages Truppe hätte nur um der Freude am Theaterspielen gearbeitet und dabei nicht auch ans Geldverdienen gedacht.
"[…] for we do not know whether Henslowe’s arrangements with his companies were typical of the period, there is little justification for drawing a contrast between Henslowe, as a mercenary capitalist, and the Burbages; the evidence suggests that they were all capitalists."2
Die Unkenntnis über den genauen Spielplan der Chamberlain’s Men – abgesehen von den Dramen Shakespeares – hinderte manche nicht daran einen weiteren Vergleich anzustellen, bei dem Henslowe ebenfalls nicht gut abschnitt. Er war "[…] an ignorant man, whose spelling bears witness to a complete lack of acquaintance with literature"3. Kein Wunder also, dass er laut R. B. Sharp mit häuslichen Kriminalstücken, Romanzen und bibelthematischen Dramen nur den Geschmack eines zweitklassigen Publikums bediente. Allen Theaterdirektoren sollte dies eine Warnung sein. Man könnte vielleicht in späteren Jahren einmal aufgrund ihres Notizbuches und ihrer Kontoführung sowohl auf ihr Bildungsniveau als auf das ihres Publikums schließen. Es sei also dahin gestellt, ob es sich bei Henslowe um einen ungebildeten Kapitalisten gehandelt hat oder um einen in Finanzdingen versierten Theaterliebhaber. Keine dieser Anschauungen lassen sich durch sein Tagebuch verifizieren. Eines sollte dabei jedoch nicht übersehen werden. Das Henslowe Diary ist in seiner Art einzigartig. Von keinem anderen Theaterbetreiber der elisabethanischen Zeit ist Ähnliches vorhanden. Wie informativ das Buch auch immer sein mag, eine wichtige Frage ist nach wie vor unbeantwortet. Warum notierte Henslowe dies alles? Vielleicht wirft die Tatsache, dass er seinem Tun und seiner finanziellen Lage immerhin so viel Bedeutung beimaß, dass er in regelmäßigen Abständen darüber buchführte, ein anderes Licht auf einen Mann, den die Wissenschaft lange als Kunstbanausen betrachtete und die Unterhaltungsindustrie seit der Romantik als Witzfigur darstellt.