Abigail

Der Name bedeutet "Freude des Vaters", was in The Jew of Malta durchaus sardonisch gemeint sein kann. Im Alten Testament wird sie zwei Mal (2 Sam 17,25; 1 Chr 2,16-17) erwähnt und gilt als Schwester oder Halbschwester Davids.

Während alle handelnden Personen auf Malta zweideutige Motive haben, bleibt Abigail immer barmherzig, gütig und ergeben, zunächst ihrem Vater, dann ihrem Geliebten und letztlich Gott. Sie verkörpert die heiligen Züge der Weiblichkeit der frühen Neuzeit.1 Diese Ergebenheit ist nicht geleichbedeutend mit bedingungslosem Gehorsam. In letzter Konsequenz weiß sie sich ähnlich Isabella zu wehren und sei es gegen den eigenen Vater. Anfänglich sieht es aus, als hätte Marlowe mit Barabas und Abigail erstmals ein intakte Familienbeziehung dargestellt. Das Täuschungsmanöver, bei dem das eigene Kind vorgeben soll Nonne zu werden, lässt daran noch keine Zweifel aufkommen. Die rühren sich erst, als Barabas seine Tochter gleichzeitig zwei Männern verspricht, in der berechtigten Hoffnung beide werden einander deshalb gegenseitig töten. Abigails Gefühlsleben spielt für ihren Vater keine Rolle. Ihr tatsächlicher Eintritt ins Kloster, ist für ihn keine verständliche Reaktion auf die Rolle, die er ihr in seinem Plan zugedacht hat und auf den Verlust ihres Geliebten, sondern schändlicher Verrat. Wie Calyphas wird Abigail das Opfer ihres eigenen Vaters. In ihr manifestiert sich wie stark Marlowes Malta die Auswüchse des Kapitalismus widerspiegelt.2 Abigail wird zur Ware, über die Barabas mit Lodowick verhandelt3 und die er durch Ithimore ersetzt, sobald sie ihren Nutzen verloren hat.4


  1. Beskins (2007)↩︎
  2. Carpenter (1951); Cartelli (1988)↩︎
  3. Brooks (1957)↩︎
  4. Hunter (1964); Allen (2008)↩︎

Aktualisiert am 18.01.2023

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