Hugh Despenser, Lord Despenser

Hugh Despenser, Lord Despenser (* 1286; † 24. November 1326) kannte Edward II. wahrscheinlich seit seiner Kindheit, denn als dieser noch Thronfolger gewesen war, hatte er zu dessen Gefolge gehört. Ökonomische Motive hatten Edward I. veranlasst, den jungen Despenser mit seiner Enkelin Eleanore de Clare zu verheiraten. Diese Ehe brachte zwar Prestige, aber nur wenige finanzielle Vorteile. Das änderte sich nach Bannockburn, wo Gilbert de Clare, Earl von Gloucester zu den zahlreichen Gefallenen der Schlacht von Bannockburn zählte. Er war einer der reichsten Männer des Landes gewesen und hatte keinen legitimen Erben, daher ging sein Besitz an seine drei Schwestern Elizabeth, Eleanor und Margaret. Hugh Despenser jr. besaß nicht viel Land, weshalb ihm das Erbe seiner Frau sehr gelegen kam, doch er wollte sich keinesfalls nur mit einem Drittel zufriedengeben. Er gierte gerade zu nach persönlichem Besitz, was ihn in Konflikt mit den sogenannten Marcher Lords im walisischen Grenzgebiet brachte.
1318 erhielt Despenser als Lord Chamberlain of the king’s household das ranghöchste Amt im königlichen Haushalt. Innerhalb kürzester Zeit verdrängte er andere Günstlinge wie Hugh de Audley oder Roger d’Amory. Piers Gaveston hatte Geld und Ansehen gewollt. Er war nicht von anglo-normannischem Adel gewesen, hatte keinerlei Verbindungen besessen und dennoch Titel erhalten, die der königlichen Familie vorbehalten waren. Von diesem Favoriten hatte sich der Adel brüskiert gefühlt. Despenser hingegen strebte rücksichtslos nach Land und Macht. Vor ihm hatte der Adel Angst. Die Folge war der sogenannte Despenser Krieg. Nach einem vorübergehenden Exil von Despenser und seinem Vater 1321, erhoben sich zunächst die Marcher Lords und dann die Adelsopposition gegen Edward II. sowie seinen Favoriten. Nachdem der König die Aufstände niedergeschlagen hatte, herrschten die Despensers nächsten vier Jahre nahezu unangefochten. Sie waren fähige Verwalter, bereicherten sich dafür schamlos am Besitz anderer, wobei sie auch vor Erpressung, Folter und Mord nicht zurückschreckten. Edward II., der seit seiner Thronbesteigung an Geldmangel gelitten hatte, wurde von der Gier seines Günstlings angesteckt. Während dieser immer mehr Land in Besitz nahm, hortete der König Geld. Bereits 1323 waren die Finanzen saniert, ohne dass das Volk etwas davon gemerkt hätte. Vier Jahre später verfügte Edward II. über finanzielle Rücklagen in der Höhe von nahezu zwei Jahreseinnahmen.
Im Gegensatz zu Gaveston, der Isabella nur ignoriert hatte, setzte Despenser alles daran, die Ehe Edward II. zu zerstören. Unterstützt wurde er dabei von einer massiven Verschlechterung in den englisch-französischen Beziehungen. Charles IV. verlangte von seinem Schwager die Huldigung für die englischen Lehen in Frankreich, weshalb er 1324 die Gascogne besetzte. Um den Konflikt zu beenden, bot Charles IV. an, er werde alle okkupierten Gebiete räumen, wenn Edward II. seinen Sohn zum Herzog von Aquitanien machen würde und dieser mit seiner Mutter nach Frankreich käme, um den Lehenseid zu leisten. Damals schien dies für Despenser die beste Lösung zu sein. Einerseits wollte er den König nicht alleine nach Frankreich lassen, da er ihn dort nicht mehr unter Kontrolle hatte, andererseits konnte er ihn nicht begleiten, weil das einem Machtverlust in England gleichgekommen wäre. So segelte Isabella am 9. März 1325 nach Frankreich, im September folgte ihr Prinz Edward. Natürlich hatte Despenser nicht damit gerechnet, dass die Königin mit dem Thronfolger nicht mehr zurückkehren würde. Ihren Vorbereitungen für eine Invasion Englands zum Zwecke seines Sturzes hatte er ebenso wenig entgegenzusetzen wie ihrer Armee, die im Herbst 1326 landete. Die Despensers und Edward II. genossen im Land keinerlei Unterstützung mehr. Hugh Despenser wurde am 24. November 1326 als Hochverräter durch Hängen, Ausweiden und Vierteilen hingerichtet.
Die männliche Line der Despensers endete 1414 mit Richard le Despenser, 4. Baron Burghersh. In der weiblichen Linie ist Hugh Despenser über 9 Generationen ein direkter Vorfahre von Henry Percy, Earl von Northumberland und über 10 Generationen von Robert Devereux, Earl von Essex, dem späteren Favoriten von Elizabeth I.

Edward II

Im Prinzip ist Spencer, wenngleich er martialischer auftritt, die Fortsetzung von Gaveston. Edward II. hebt ihn auch übergangslos nach Gavestons Tod in diese Position. Darüber hinaus machte Marlowe aus Spencer und Baldock die typischen elisabethanischen Emporkömmlinge. Aus niederem Adel versucht ersterer durch die Gunst bedeutenderer Männer aufzusteigen, was ihm letztlich gelingt. Das Geheimnis seines Erfolges lautet:

"You must be proud, bold, pleasant, resolute,
And now and then, stab as occasion serves."1

Das Ideal von Edelmännern, die freundschaftlich eine Klientel unterstützten, die wiederum nur aus Edelmännern bestand, war zu Marlowes Zeit längst einer sozialpolitische Realität gewichen.2 Englands fähigste Politiker, William Cecil und Francis Walsingham, blickten auf keine ehrwürdige Ahnenreihen zurück und zogen nur selten Männer aus Adelskreisen ins Vertrauen. Nicht eindeutig ist, was Marlowe mit seiner Darstellung Spencers und Baldocks erreichen wollte. War es eine Beschreibung des Ist-Zustands, eine Kritik an dieser Entwicklung, was dadurch in Frage gestellt wird, dass Marlowe mit genau solchen Leuten verkehrte oder, wenn man Baldocks letzte Worte im Drama berücksichtigt, eine Warnung: Selbst wer im Dunstkreis gekrönter Häupter aufsteigt, kann tief fallen.


Bray, Alan. 1995. Homosexuality in Renaissance England. 2nd Ed. New York: Columbia University Press.

  1. Edward II. 5,42-43↩︎
  2. Bray (1995)↩︎

Aktualisiert am 18.01.2023

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