Das Salische Gesetz wird in Marlowes Dramen zwar nicht direkt angesprochen, ist jedoch für das Verständnis der historischen Zusammenhänge in Edward II und The Massacre at Paris nicht unerheblich.
Die Lex Salica sind gesetzliche Verordnungen des Merowingers Clovis I. vom Beginn des 6. Jahrhunderts. Darin wird unter anderem festgehalten, dass Frauen keinen Grundbesitz erben können.
Philippe IV. von Frankreich hatte drei Söhne und eine Tochter. Isabeau heiratete Edward II. von England. Als ihr ältester Bruder Louis X. 1316 starb, gab es aus erster Ehe eine Tochter namens Jeanne und eine schwangere zweite Ehefrau. Bis zur ihrer Niederkunft übernahm ihr Schwager Philippe die Regentschaft. Das Kind war zwar ein Sohn (Jean I.), überlebte jedoch nur wenige Tage. Gemäß der Erbfolge hätte die Krone an Jeanne und damit erstmal in Frankreich an eine Frau gehen müssen. Ihr Onkel wollte den Thron nicht räumen. Er ließ die Generalstände ein paar juristische Winkelzüge unternehmen und mit Jeanne verloren alle Frauen der königlichen Familie für jetzt und immerdar ihre Ansprüche auf die französische Krone. Philippe V. wurde offiziell König von Frankreich. Leider ist nicht überliefert, ob er sich so richtig geärgert hat, als er 1322 starb und nur Töchter hinterließ. Sein Bruder Charles IV. wurde gekrönt. Er starb 1328 ohne männliche Erben. Jetzt war die Sache wirklich kompliziert. Zwar hatte man Frauen von der Thronfolge ausgeschlossen, es existierte jedoch keine Regelung wie mit Agnaten (Nachkommen aus der männlichen Linie) und Kognaten (Nachkommen aus der weiblichen Linie) zu verfahren sei. Könnte die Krone an einen Mann gehen, der mit dem Königshaus in weiblicher Linie verwandt war, wäre Edward III., der Sohn von Isabeau und Edward II., der Nächste in der Thronfolge. Wiederum traten in Frankreich weise Männer zusammen und erklärten, Frauen, die kein Erbrecht haben, können es nicht vererben. Damit waren Agnaten ebenfalls vom Erbrecht ausgeschlossen. Auf den ersten Blick eine verständliche Entscheidung. Die Franzosen wollten keinen Engländer als König haben. Abgesehen davon gab es für diese Entscheidung keine rechtliche Grundlage. Das Gesetz von 1317 war eine Anlassgesetzgebung und beschäftigte sich überhaupt nicht mit den Ansprüchen der Kognaten. Obwohl in der Lex Salica nur von Grundbesitz die Rede ist und Kognaten ebenfalls nicht erwähnt werden, wurde es in den nächsten Jahrzehnten als Beleg für eine gelebte Erbtradition in Frankreich herangezogen.1 Dann begann sich der Begriff zu verselbständigen und das "Salische Gesetz" wurde zum Synonym für eine Erbfolge, die Frauen und deren Nachkommen kategorisch ausschloss.
In Frankreich jedenfalls endete 1328 die Herrschaft des Hauses Capet. Die Krone ging an den nächsten männlichen Verwandten von Charles IV. und Isabeau, ihren Cousin Philippe de Valois, dessen Vater der jüngere Bruder von Philippe IV. gewesen war. Edward III. stimmte dieser Regelung unter Vorbehalt zu. 1337 kam es allerdings zu einem Konflikt mit Philippe VI. Edward III. beanspruchte von nun an auch die französische Krone: Der Hundertjährige Krieg begann.
Für die Franzosen wurde das Salische Gesetz ein Grundpfeiler der Monarchie und es brachte den Titel "Prinz von Geblüt" hervor. Dieser Titel bezeichnete alle männlichen Agnaten von Louis IX. (1214-1270), genaugenommen die Familien Valois und Bourbon inklusive der Seitenlinien. Innerhalb der Prinzen von Geblüt galt dieselbe Erbfolgeregelung wie in der Thronfolge. Der erste Prinz von Geblüt war immer der nächste Thronfolger, falls die männliche Hauptlinie aussterben sollte. Louis XII., der nur zwei Töchter hatte, löste das Problem, indem er die älteste mit dem ersten Prinzen von Geblüt, François de Valois, Comte d’Angoulême, verheiratete. 1515 wurde François I. König und sicherte mit seinen männlichen Nachkommen vorerst den Fortbestand des Hauses Valois.
Henri de Navarre war über seine Mutter Jeanne III. ein direkter Nachkomme der Capetinger und heiratete Marguerite, die Schwester des amtierenden Königs Charles IX. aus dem Hause Valois. Damit war er vom Thron genauso weit entfernt wie ein Pariser Schuster. Sein Vater, Antoine de Bourbon, jedoch stammte ihn direkter männlicher Linie von Robert de Clermont Bourbon, einem Sohn Louis IX., ab. Diese Tatsache alleine machte Henri de Navarre zum nächsten Anwärter auf den französischen Thron, sollten die Valois in männlicher Linie aussterben, was wider Erwarten 1589 geschah.
- Taylor (2001)↩︎