Henri de Navarre (Henri IV.)

Henri de Navarre (* 13. Dezember 1553; † 14. Mai 1610) ist eines der besten Beispiele dafür, dass man sich seine Freunde aussuchen kann, seine Verwandten allerdings nicht. Er war mit nahezu allen Personen, die ihm in The Massacre at Paris und tatsächlich nach dem Leben trachteten, verwandt. Jean de Bourbon (1428-1478) war der Urgroßvater von Caterina de' Medici sowie der Ururgroßvater von Henri de Navarre und Henri de Lorraine, Herzog von Guise.

François Clouet. Henri de Navarre. 1572. Bibliothèque nationale de France. Paris. Estampes, Rés. Na 22. CC0

Seine Eltern waren Jeanne d’Albret, das einzige Kind Henri II., Königs von Navarra und Antoine de Bourbon, erster Prinz von Geblüt. Jeanne neigte zum Calvinismus und konvertierte 1560 endgültig. Henri de Navarre lebte abwechselnd bei seiner Mutter und am französischen Hof, denn nach dem Tod seines Vaters 1562, war er der erste Prinz von Geblüt geworden. Je nach Aufenthaltsort wechselte seine Religion. 1567 kehrte er als offizieller Thronfolger nach Navarra zurück und wurde Hugenotte.

Caterina de' Medici wollte verhindern, dass die Hugenotten in den Religionskriegen einen souveränen Herrscher als Anführer bekämen, weshalb sie Navarre gerne in Paris unter Kontrolle gehabt hätte. Daher schlug sie eine Ehe mit ihrer Tochter Marguerite vor. Jeanne III. gab ihre Zustimmung erst nach schwierigen Verhandlungen.1 Der Hochzeit am 18. August 1572 folgte die Bartholomäusnacht. Navarre war beim Ballspiel, als er vom Ausbruch des Massakers erfuhr. Charles IX. stellte seinen Schwager vor die Wahl Exekution oder Konvertierung. Am 29. September konvertierte Navarre ohne Gewissenskonflikte erneut.2 Die folgenden Jahre lebte er mal mehr mal weniger streng bewacht in Paris, verkehrte freundschaftlich mit dem Herzog von Guise sowie dem Herzog von Mayenne und verhielt sich sehr kooperativ. Es war für den französischen Hof ein Schock, als Navarre am 6. Februar 1576 von einem Jagdausflug nicht zurückkam.

Navarre hatte sich in sein Königreich abgesetzt, trat wieder zum Calvinismus über und übernahm die Führung der Hugenotten. Obwohl er diplomatisch wie militärisch wiederholt in die Religionskriege eingriff, rückte er erst 1584 in den Mittelpunkt des Geschehens. François-Hercule de Valois, Herzog von Alençon, der letzte Bruder Henri III., war kinderlos gestorben. Es sah nicht so aus, als würde Henri III. überhaupt Kinder bekommen. Der hugenottische Henri de Navarre war damit der nächste Thronfolger. Frankreichs Katholiken formierten sich unter der Führung des Herzogs von Guise in der Heiligen Liga, Navarre wollte nicht konvertieren und Henri III. lavierte zwischen den beiden. Verschärft wurde die Situation durch Papst Sixtus V., der mit der Bulle Ab immensa am 9. Oktober 1584 Henri de Navarre exkommunizierte. Die Franzosen betrachteten das als ungebührliche Einmischung, die etliche Katholiken veranlaßte Navarre zu unterstützen.3 Am 20. Oktober 1587 siegte Navarre in der Schlacht von Coutras über die Katholiken, ließ jedoch für die katholischen Gefallenen eine Messe lesen, bei der mit seinem Stab anwesend war. Nach der Ermordung des Herzogs von Guise kam es zu einer Annäherung zwischen Henri III. und Navarre. Gemeinsam belagerten sie das von den Katholiken gehaltenen Paris, als Henri III. bei einem Attentat umkam. Die Katholiken, die Navarre unterstützt hatten, zogen sich daraufhin zurück um die weitere Entwicklung abzuwarten. Navarre musste die Belagerung abbrechen.

Es folgten weitere vier Jahre kriegerischer Auseinandersetzungen, bevor die Generalstände dem Wahnsinn ein Ende machten. Sie waren am 26. Jänner 1593 auf Betreiben des Herzogs von Mayenne zusammengetreten und hielten – für ein politisches Gremium höchst ungewöhnlich – an ihrer Entscheidung von 1316 fest. Trotz etlicher Gegenkandidaten wollte die Mehrheit nur den ersten Prinzen von Geblüt als König akzeptieren, er musste allerdings Katholik sein. Henri de Navarre konvertierte am 25. Juli 1593 zum letzten Mal in seinem Leben. Ob er dabei wirklich sagte "Paris vaut bien une messe." (Paris ist eine Messe wert.), ist nicht belegt. Am 27. Februar 1594 wurde Henri IV. zum französischen König gekrönt.

The Massacre at Paris

Abgesehen vom Racheschwur gegen Papst Sixtus V. am Ende des Dramas ist Marlowes Darstellung von Navarre im Drama historisch ziemlich korrekt und nicht weiter auffällig.

Henri de Navarre kommt ebenfalls in anderen zeitgenössischen Dramen vor, die jedoch nicht in Zusammenhang mit The Massacre at Paris stehen.4


Castelot, André. 1987. Heinrich IV: Sieg der Toleranz. Gernsbach: Katz.
Mahoney, Irene. 2004. Katharina von Medici: Königin von Frankreich. 3. Auflage. München: Diederichs.
Woods, Gillian. 2007. “The Contexts of the Trial of Chivalry.” Notes and Queries 54 (3): 313–18. https://doi.org/10.1093/notesj/gjm156.

  1. Castelot (1987)↩︎
  2. Mahoney (2004)↩︎
  3. Mahoney (2004)↩︎
  4. Voss (2001); Wods (2007)↩︎

Aktualisiert am 18.01.2023

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