Caterina de' Medici (* 13. April 1519; † 5. Januar 1589) war das einzige Kind von Lorenzo di Piero de' Medici und Madeleine de la Tour d’Auvergne.
Ihre Mutter war mit den Bourbonen verwandt (Caterinas mütterlicher Urgroßvater Jean de Bourbon war gleichzeitig der Ururgroßvater ihres späteren Schwiegersohns Henri de Navarre und gehörte einer der reichsten Familien der französischen Aristokratie an.) Ihr Vater war ein Enkel von Lorenzo "dem Prächtigen" de' Medici und ein Großneffe von Giovanni de' Medici, Papst Leo X. Dieser übernahm nach dem frühen Tod der Eltern Caterinas Vormundschaft. Ihre Kindheit verbrachte sie in Rom und Florenz, wo sie die Belagerung von 1529/30 miterlebte. Seit 1523 saß ihr Onkel Giulio de' Medici (ein Sohn Giuliano di Piero de' Medici, dem Bruder ihres Urgroßvaters Lorenzo de' Medici) als Clemens VII. auf dem Heiligen Stuhl. Wenngleich der Reichtum der Medicis an Glanz verloren hatte und Caterina keine Schönheit war, stellte sie Dank des großen Erbes ihrer Mutter sowie der Verbindung zum Papst eine begehrte Partie dar. Als das Gerücht auftauchte, es wäre Clemens VII. gelungen, seine Nichte mit Henri, Herzog von Orléans, dem zweiten Sohn des französischen Königs François I., zu verloben, wurde es von Kaiser Karl V. abwärts als unvorstellbar abgetan. Tatsächlich war der Vorschlag für diese Verbindung aus Frankreich gekommen. Mit dem Blick auf ihr mütterliches Erbe hätte es François I. überhaupt gerne gesehen, wenn Caterina am französischen Hof aufgewachsen wäre, was ihre Onkel allerdings verhindert hatten. Nun sichert Clemens VII. darüber hinaus eine großzügige Mitgift inklusive territorialer Gewinne in Italien zu. Die Hochzeit fand unter großem Prunk in Anwesenheit des Papstes im Oktober 1533 statt. Für Caterina de' Medici bedeutete dies wahrlich einen unvorstellbaren sozialen Aufstieg, für den französischen Hof stellte die Verbindung eines Königssohns mit einer Nachfahrin von Kaufleuten und Bänkern eine Mesalliance dar. Caterina erhielt den Spottnamen "la fille des marchands" (Krämerstochter). Mit dem Tod Clemens VII. einige Monate später verschlechterte sich ihre Situation weiter. Sein Nachfolger Paul III. zahlte weder die restliche Mitgift, noch trat er die versprochenen Gebiete an Frankreich ab. Wider Erwarten behauptete Caterina sich am Hof, da es ihr gelang die führenden Damen, wie die Schwester, oder die Mätresse des Königs und letztlich François I. selbst für sich zu gewinnen. Nur ihr Gatte zeigte Zeit seines Lebens kaum Interesse an ihr. Er hatte bereits damals eine enge Beziehung zu Diane de Poitiers, die sich im Laufe der Jahre vertiefen sollte. 1536 starb überraschend François, Henris ältester Bruder. Caterina war nun die nach wie vor kinderlose Frau des Thronfolgers. Erneut war es der König, der die schützende Hand über seine Schwiegertochter hielt und eine Annullierung der Ehe ablehnte. Nichts blieb unversucht, dennoch stellte sich die ersehnte Schwangerschaft erst 1543 ein. Mit der Geburt eines Thronfolgers war Caterinas Position als künftige Königin gefestigt. Es folgten insgesamt neun weitere Kinder. 1547 ging Frankreichs Krone an Henri II. Caterina war Königin, hatte allerdings keinerlei Einfluss. Henri II. hielt sie von den politischen Entwicklungen fern, die repräsentativen, karitativen und kulturellen Belange legte er in die Hände seiner Mätresse Diane de Poitiers.
Seit sie vierzehn war, lebte Caterina de' Medici in einer Umgebung, die unverhohlen auf sie herabsah. Ihrem Mann, der nur einige Monate älter und von ansprechendem Äußeren war, brachte sie durchaus Zuneigung entgegen, die bei ihm nicht einmal auf freundliches Wohlwollen stieß. Sie musste zusehen wie ihre private und offizielle Stellung von einer Frau eingenommen wurden, der es, im Gegensatz zu ihr, an Geist und Intelligenz mangelte. In dieser Situation war Caterinas einziges Einstellungsmerkmal die Mutterschaft. Sie existierte durch ihre Kinder. Kaum verwunderlich, dass sie zu ihnen eine viel stärkere Bindung hatte, als damals üblich. Untereinander vertrugen sich ihre Kinder übrigens nicht so gut.1
1559 erlag Henri II. den Verletzungen, die er sich bei einem Turnier zugezogen hatte. Während der kurzen Regentschaft von François II. blieb Caterina im Hintergrund. Sie beobachtete jedoch mit wachsender Besorgnis, wie die Familie Guise die Macht an sich riss. Als Charles IX. 1560 auf den Thron kam, war er erst neun Jahre alt. Die Königinmutter kam mit Antoine de Bourbon, dem ersten Prinzen von Geblüt, überein, dass er zu ihren Gunsten auf die Regentschaft für den minderjährigen König verzichten würde. Mit 45 Jahren griff sie erstmals aktiv in die Politik ein. Sie verstand ihre Rolle als Bewahrerin des Königreichs für ihre Kinder. Fast immer versuchte sie einen Ausgleich zu erreichen. Ihr "Fehler" war es, den Kampf zwischen Katholiken und Hugenotten als politische Auseinandersetzung zu betrachten. Sie meinte, wenn sie die jeweiligen Anführer zu einer Aussöhnung bringen könnte, würden deren Anhänger diese folgsam akzeptieren. Ein Kampf aus religiösem Eifer war für sie kaum nachvollziehbar.2 Aus dieser Überlegung heraus sollte die Hochzeit zwischen ihrer Tochter Marguerite und Henri de Navarre tatsächlich den Frieden bringen. Gleichfalls bedeutete das missglückte Attentat auf Coligny dadurch eine viel größere Gefahr, die in einer – wie man heute weiß unbegründeten – Angst mündete, die hugenottische Führung könnte dafür Rache an der katholischen Führung nehmen.
Am 23. August 1572 gab es ab dem Nachmittag zwei bis drei informelle Treffen des Kronrats. Bei der ersten Beratung, die im Garten der Tuileries stattfand, waren Caterina de' Medici, Anjou, Maréchal Gaspard de Tavannes, Retz, Gonzague und René de Birague anwesend. Der König dürfte erst an einer nächtlichen Zusammenkunft im Louvre teilgenommen haben. Zu diesem Zeitpunkt stießen eventuell auch der Herzog von Guise und der Herzog de Montpensier dazu.3 Man erhoffte sich von der Eliminierung der hugenottischen Führungsriege nicht nur einen vermeintlichen Erstschlag ihrerseits zu verhindern, sondern eine nachhaltige Schwächung der gesamten Hugenottenbewegung. Henri III. sollte später bei der Ermordung des Herzogs von Guise derselben Fehleinschätzung unterliegen.4
Caterina de' Medicis Anteil am Plan die führenden Hugenotten töten zu lassen ist unumstritten. Wie alle anderen Verantwortlichen wurde sie in Folge ebenfalls von der Eigendynamik der Ereignisse überrascht. Die Hugenotten betrachteten sie als die Hauptschuldige. 1575 erschien die Discours merveillieux de la vie, actions et deportements de Catherine de Médicis, Royne mere. Als Autor der Schrift vermutet man Henri Estienne. Das Werk erfreute sich einer enormen Popularität, es wurde noch im Erscheinungsjahr sogar ins Englische übersetzt,5 und war der Anfang einer Jahrhunderte andauernden Dämonisierung Caterina de' Medicis. Beginnend bei ihrem Schwager François habe sie jeden vergiften lassen, der ihr im Wege stand, darunter auch Jeanne d’Albret. Mit ihrem Liebhaber Albert de Gondi plane sie die Alleinherrschaft und die Auslöschung des französischen Hochadels, weshalb sie ursprünglich vorhatte, anlässlich der Hochzeit zwischen ihrer Tochter und Navarre den gesamten Adel, nicht nur die Hugenotten, massakrieren zu lassen. Nachdem ihr Plan nicht funktioniert hatte, schob sie die Schuld auf den Herzog von Guise, der nicht in die Ausschreitungen mit hineingezogen werden wollte und Coligny zwar aus Rache, doch eigentlich im Auftrag der Königinmutter ermordete.6 Bis heute stellt man sich Caterina de' Medici als machiavellistische, giftmischende Okkultistin vor. Es dauerte nicht lange, bis die Katholiken in ihr ebenfalls einen idealen Sündenbock für sämtliche wirklichen und eingebildeten Probleme sahen.7 Dabei muss man berücksichtigen, dass für die Menschen damals wirklich ungeheure Zustände herrschten. Mit Margarethe von Parma, Marie de Guise, Jeanne III., Mary I., Elizabeth I., Mary Stuart und Caterina de' Medici erlebte das 16. Jahrhundert alleine in seiner zweiten Hälfte sieben Frauen an der Spitze der europäischen Politik.
1574 starb Charles IX.. Die Königinmutter übernahm erneut die Regentschaft bis ihr Lieblingssohn Anjou, der 1573 zum König von Polen gewählt worden war, nach Frankreich zurückkehrte, um als Henri III. gekrönt zu werden. Sie musste ihr diplomatisches Geschick nun auch innerhalb der eigenen Familie einsetzten. Die königlichen Geschwister Marguerite und Alençon sorgten für zahlreiche Irritationen. Die Regentschaft Henri III. verschärfte die innenpolitische Lage weiter. Caterina de' Medici reiste monatelang durch Frankreich, um mit den Hugenotten zu verhandeln. Sie warnte ihren Sohn wiederholt vor einem möglichen Aufstand der Bevölkerung, musste aber dem Erstarken der Heiligen Liga und dem Machtzuwachs des Herzogs von Guise tatenlos zusehen. Vor den Generalständen 1588 dankte Henri III. seiner Mutter für alles, was sie für ihn und das Land getan hatte. In seinen Plan Guise töten zu lassen, war sie nicht eingeweiht. Es blieb ihr erspart, den Tod ihres Lieblingssohns und den damit verbundenen Untergang des Hauses Valois mitzuerleben. Caterina de' Medici starb am 5. Jänner 1589 in Blois.
The Massacre at Paris
Mit ihrem Auftritt in [Szene 1] betrat erstmals ein Mitglied der Familie Medici die englische Bühne.8 Wie bei Herzogs von Guise folgt Marlowe in der Darstellung von Caterina de' Medici hauptsächlich der zeitgenössischen Propaganda. Neben den erwähnten Quellen könnte ihn dabei Anne Dowriches Erzählgedicht The French History von 1589 beeinflusst haben.9 Eine enge Bindung zwischen der Königinmutter und Guise, wie im Drama mehrmals erwähnt wird
"The Mother Queene workes wonders for my sake,
And in my love entombes the hope of Fraunce:"10
hat nicht bestanden. Caterina de' Medici stand der Familie Guise skeptisch gegenüber und hegte keine ausgesprochene Sympathie für den Herzog.
In [Szene 4] ist sie sowohl die treibende Kraft in der Planung des Massakers also auch die Person, die Charles IX. zum Besuch bei Coligny überredet, damit dieser in Sicherheit gewiegt werde.
Eine weitere Legende zeigt Marlowe in [Szene 11]. Caterina de' Medici "besichtigt" in Begleitung die Leiche Colignys. Diese Episode könnte auf den Hugenotten Simon Goulart zurückgehen. Zumindest zitiert Henri Martin in Histoire de France depuis les temps les plus reculés jusqu’en 1789 aus dessen Mémoires de l’estat de France.
"la cour alla passer en revue les cadavres qu’on avait entassés, en façon de trophée, devant la porte du Louvre; on vit les filles d’honneur de la reine mère, et Catherine elle-même, examiner avec des remarques obscènes les corps dépouillés des gentilshommes huguenots de leur connaissance!"11
François Dubois stellt dies in Le massacre de la Saint-Barthélemy dar.
Édouard Debat-Ponsan widmet der erfundenen Episode sogar ein eigenes Gemälde.
In dieser Szene versichert Caterina Louis de Lorraine-Guise, sie werde notfalls ihren Sohn Charles IX. töten und durch Anjou ersetzen, sollte der König weiter mit Navarre verkehren. Ihre Reaktion auf den Tod Charles IX. in [Szene 13] hat Marlowe sehr gut getroffen. Schon wenige Stunden danach schrieb sie an Anjou in Polen, der tatsächlich umgehend das Land verließ, allerdings zunächst Richtung Italien. Ihre Bemerkung in [Szene 14] über eine liebende Mutter, die für Anjou das Land bewahrt hat, ist richtig. Er traf erst Anfang September 1574 in Frankreich ein. Zwischenzeitlich hatte seine Mutter die Regentschaft übernommen. Wiederum erwähnt sie gegenüber dem Kardinal, sie könne Henri III. durch seinen Bruder ersetzen, falls der König nicht ihrem Willen und dem der Brüder Guise folgen würde. Nachdem der König ihr in [Szene 21] den toten Guise zeigt, verflucht sie ihren Sohn und trauert um den getöteten Herzog. Mit seinem Tod verlässt sie ihr Lebenswille.
Bei Marlowe ist Caterina de' Medici nicht die Frau, die das Reich für ihre Kinder bewahren wollte, sondern die machiavellistische Rabenmutter, die ihren Nachwuchs auf dem Altar der Macht opfern würde. Manchmal hat es den Anschein, Guise und sie wären ein und dieselbe Person. Vielleicht ging Marlowe aber gar nicht so undifferenziert zu Werke, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Dämonisierung der Königinmutter hatte in England eine besondere Bedeutung. Tatsächlich schienen sie und Elizabeth I. einander nicht unähnlich zu sein, sodass die ablehnende Haltung einiger englischer Autoren gegenüber der Königinmutter sehr wohl Versuche darstellen könnten, Kritik an der eigenen Herrscherin, zu üben.12